Medizinische Züge retten Leben

Dr. Lolimar Strickmann berichtet in Lotte von der Arbeit der Ärzte ohne Grenzen in der Ukraine

Für das Aktionsbündnis „Lotte hilft“ überreichten 10000 Euro an Dr. Lolimar Strickmann (von links) Stiftungsratsmitglied Ulrich Harhues, Stiftungsratsvorsitzender Wolfgang Israel, Bürgermeister Rainer Lammers, Olaf Wienhaus, Vorsitzender des Bürgervereins Wersen, Alt-Lottes Pastor Iven Benck und Stiftungsratsgeschäftsführer Dieter-Joachim Srock. Ursula Holtgrewe

 

Quelle: Neue-OZ -

Ursula Holtgrewe

Angst gehöre bei den Einsätzen im Kriegsgebiet dazu, berichtet Dr. Lolimar Strickmann von Ärzte ohne Grenzen. Im Alt-Lotter Haus Hehwerth schilderte sie nun ihre Erlebnisse und erhielt eine Spende über 10000 Euro vom Aktionsbündnis „Lotte hilft“.
Das Ärzte-ohne-Grenzen-Mitglied Dr. Lolimar Strickmann brachte seit 2010 die Fachkunde als Notfall-Intensivmedizinerin fünfmal für Ärzte ohne Grenzen ein und informierte die Anwesenden in Lotte über ihre Arbeit. In einem Film ging es um die schrecklichen Zerstörungen in der Ukraine, etwa mit Streumunition zerstörte Krankenhäuser.

In ihrem lebhaften Bericht, in dem wiederholt die unerschütterliche Zuversicht der Referentin zu spüren war, räumte die gebürtige Argentinierin ein, dass auch sie Angst sehr wohl kenne. Doch: „Der Wille, etwas zu tun, überwiegt die Angst bei Einsätzen.“
Wer sich zum Helfen an Kriegsfronten bereit erkläre, „sollte über eine stabile Psyche verfügen“, betonte sie. Gleichwohl gebe es rund um jeden Einsatz psychologische Unterstützung.

Einsätze der Hilfsteams dokumentiert der Film in einem mit Kranken- und Intensivstation umgebauten medizinischen Zug, der Verletze aus Kriegsgebieten in den Westen des Landes in Krankenhäuser bringt. „In der Ukraine sind die Ärzte ohne Grenzen seit 1999 tätig und haben ihre Hilfe seit dem 24. Februar 2022 erheblich ausgeweitet“, erklärte Lolimar Strickmann. Nun organisierten sie dort auch Hilfsgüter und Medikamente sowie und die Schulung von Pflegepersonal, auch in den Familien, des Weiteren den Aufbau von medizinischer Infrastruktur, soweit möglich.
Bis Mitte März seien im Evakuierungszug 2558 Patienten versorgt worden, darunter 700 mit traumatischen Verletzungen, sagte sie. Das Personal sei in Lwiw und Odessa auf einen Massenansturm von Verletzten vorbereitet worden. Seit jeher verpflichteten sich alle Hilfsteams den Prinzipien von Ärzte ohne Grenzen: Unabhängigkeit, Unparteilichkeit und Neutralität, betonte die Medizinerin. Mit dieser konsequenten Haltung habe sich die Organisation weltweiten Respekt erarbeitet und werde in der Regel nicht angegriffen, sagte die Ärztin. Das sei auch in der Ukraine letztlich die Lebensversicherung bei Einsätzen an der Front.
Die Bürgerstiftung Lotte überreichte der Referentin 10000 Euro, die das von ihr initiierte Aktionsbündnis „Lotte hilft“ nach Kriegsausbruch bislang für die Ukrainehilfe gesammelt hat. In dem Bündnis engagieren sich Lottes Evangelische Kirchengemeinden, der Bürgerverein Wersen, der Deutsch-Französische Förderverein Lotte und die Stiftung. Strickmann erklärte dankbar, dass die Organisation nur mithilfe von Spenden die Arbeit aufrechterhalten kann.
Einsätze der Hilfsorganisation dauerten häufig viele Jahre, wenn sie wegen politischer Unsicherheiten etappenweise ausgeführt werden müssen. Bei Tätigkeiten in Kriegsregionen „behandele ich alle, ohne zu schauen, zu welcher Partei sie gehören“, betonte die Ärztin. Die Organisation trete als humanitäre und medizinische Nothilfe auf als „Sprachrohr für alle Menschen in Not.“
Überall auf der Welt gebe es ein installiertes standardisiertes System, etwa für 30 Beinverletzungen, mit einsatzbereiten Paketen, die in Zentren bereitstehen. „Ich kann nach der Ankunft sofort starten“, sagte Strickmann. Das Personal, das mitgereist ist, sei qualifiziert und motiviert: „Davon lebt die Organisation, denn keiner nörgelt.“ Diese ansteckende Energie könne man auf sein Leben übertragen, betonte die Medizinerin einmal mehr herzlich lachend. „Sie müssen ein großes Herz haben“, resümierte der Stiftungsratsvorsitzende Wolfgang Israel nach dem Bericht.