„Herbst“ – im Leben und in der Jahreszeit Über die Reife, die Ernte, das Älterwerden und die Dankbarkeit

Foto von links nach rechts: Dieter-Joachim Srock, Detlef Salomo, Martin Ufermann, Pastor Iven Benck, Beate Diesel, Marlene Winkelmann, Inge Loske, Wolfgang Israel, Carola Albrecht und Simone Wortmann. Die andere Aufnahme soll die gute Resonanz zeigen.

Der 9. literarisch musikalische Abend der Bürgerstiftung Lotte am 17. September 2025 im Evangelischen Gemeindehaus „Arche“ in Lotte

Text: Pastor Detlef Salomo
Fotos: Elke Albrecht und Wolfgang Israel

Eine letzte Fülle, wenn die Laubbäume ihre wunderbare Herbstpalette präsentieren, über gelb und gold bis violett, rot und burgund. Der Herbst ist nie eintönig, sondern volltönend in Farben und Reichtümern, überschwänglich in seinen Festen, „mit goldenem Wein und Frucht der Gärten“. Ernte war schon immer ein Anlass zum Feiern, essen und trinken, unbeschwerte Lebensfreude nach getaner Arbeit. Und im Fallen der Blätter schauen wir das Gesetz des Loslassens, das eindringliche Bild der Vergänglichkeit. Es liegt darum nahe, den Herbst im Leben eines Menschen abgebildet zu sehen. Der Herbst als Reife, als Lebensernte, als erlebte Fülle, als Zeit der Ruhe, nicht umsonst sagen wir „Ruhestand“, nach den Stürmen, die einiges durcheinanderwirbelten. Jetzt gilt es, sich seiner Heimat zu vergewissern, „wer jetzt kein Haus hat, baut sich keines mehr“ – wie es in Rainer Maria Rilkes Herbstgedicht heißt. Es gilt Früchte zu sammeln und einzulagern, für härtere Zeiten. Es gilt, mit einem gewissen Maß an heiterer Gelassenheit dem kommenden Winter, den Aussichten auf Lebensreduktion und schwierige Abschiede entgegen zu sehen. Der 9. Literarisch musikalische Abend hat die verschiedenen Seiten des Herbstes in Lyrik, Prosa und Klaviermusik aufgeblättert und damit die Gefühle und Stimmungen dieser Jahreszeit nahe gebracht. Melancholie, Nachdenklichkeit, Abschied und Zuversicht. Die von Beate Diesel, Inge Loske, Marlene Winkelmann und Detlef Salomo vorgetragenen Geschichten schilderten anschaulich, berührend, auch heiter und humorvoll verschiedene Facetten des Herbstes, die das Publikum mit einem Glas Wein, gereift unter den letzten warmen Strahlen des Spätsommers, genießen konnten. Da wurden die Temperamente der Herbstmonate beschrieben: Der zögerliche September, der feurige Oktober und der bescheidene November. Es ist, bevor die Natur im Winterschlaf ruht, noch einmal viel Arbeit für alle Gärtner. Dabei wäre es eine geradezu skurile Vorstellung, sich die Mühe herabgefallenes Laub zu harken, dadurch zu sparen, wenn man schon vorher die meisten Blätter zupft. So wird es erzählt in dem aus Lienen stammenden Heimatdichter Friedrich Ernst Hunsche, in seiner amüsanten Posse „In de Hierfstid“. Ein besonderes Vergnügen für die Liebhaber des Plattdeutschen, die auch deshalb gerne an diesem Abend teilnehmen. Die frühere Moderatorin der Literatursendung „Lesen“, Elke Heidenreich, hat im vergangenen Jahr ein Essay über das „Altern“ vorgelegt. In einer alternden Gesellschaft hat sie damit offenbar den Nerv der Zeit getroffen. Es wurde eines der am meisten verkauften Bücher des Jahres. Aus diesem Bestseller wurden auch einige Passagen vorgetragen. Alle möchten gerne alt werden, aber keiner will alt sein. Dabei kann gerade auch das Alter eine sehr schöne und wertvolle Zeit sein, ein schöner Herbst des Lebens. Abstand gewinnen, Zeiten überblicken, das Wichtige zu sehen, das Unwichtige vergessen. Die Mitwirkenden hatten ein fast zweistündiges und abwechslungsreiches Programm aufgeführt, mit lebensklugen Ansichten und humorvollen Einlagen aus dem Kabarett, mit tiefgründigen Weisheiten in einem Märchen für Erwachsene „Vom Geheimnis des Alterns“ und einer zeitlos – wahren Geschichte vom lebensbejahenden Sinn der Dankbarkeit. Als Pianist gastiert wieder Martin Ufermann, der stimmungsvolle Klavierstücke spielte und es hervorragend verstand, Wort und Musik harmonisch miteinander in Einklang zu bringen. Das begeisterte Publikum dankte mit kräftigem Applaus für Mühe und Einsatzfreude.  Es war eine erfolgreiche Veranstaltung in einem vollen Haus. Dem ehemaligen Kirchenmusikdirektor Martin Ufermann war sogar ein kleiner Teil seiner Fangemeinde in die Arche gefolgt. Und vielleicht ist es der Bürgerstiftung mit diesem Format gelungen, zum Lesen anzuregen, Appetit auf Gedrucktes zu wecken und überhaupt die Leidenschaft für Bücher anzufachen. Die überaus positive Resonanz ist ein guter Grund im nächsten Jahr den 10. literarisch musikalischen Abend anzubieten, auch wieder im September.